Naturschutz und Landschaft: Rintelner Symposium XIII

Prof. Ulrich Walz war Redner beim Rintelner Symposium XIII (Collage: Portrait © Sepp/HTWD, Grafik © Walz & Witschas 2021 nach Haber 1989, Landschaft © N. Beier

Vom 27. bis 28. April 2024 fand in Rinteln an der Weser (Niedersachsen) das Rintelner Symposium XIII zum Thema „Landschaftsökologie und Naturschutz“ statt. Prof. Ulrich Walz (HTWD) vom BIOZENTRA war einer der geladenen Gäste und hielt einen Vortrag über das Konzept der differenzierten Landnutzung.

Verleihung des Reinhold-Tüxen-Preises

Reinhold Tüxen (1899–1980) gilt als der Begründer der modernen Pflanzensoziologie in Deutschland. Zu seinen Ehren veranstaltet die Reinhold-Tüxen-Gesellschaft e. V. alle drei Jahre ein Internationales Symposium in der Stadt Rinteln an der Weser (Niedersachsen), wo er bis seinem Tod gelebt hatte.

Beim Rintelner Symposium wird zudem der mit 5000 € dotierte Reinhold-Tüxen-Preis verliehen. Mit diesem werden Personen ausgezeichnet, die hervorragende Leistungen in Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Vegetationskunde im In- oder Ausland geleistet haben.

In diesem Jahr ging der Preis ging der Preis an Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Haber (*1925). Von 1966 bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1993 bekleidete er den Lehrstuhl für Landschaftsökologie – der erste dieser Art in Deutschland – an der Technischen Universität München in Freising. Durch sein Engagement in diversen Gremien wie dem Sachverständigenrat für Umweltfragen – dieser berät die Bundesregierung in Umweltfragen – prägte er die Umwelt- und Naturschutzpolitik mit.

Rintelner Symposium: „Landschaftökologie und Naturschutz“

Zu Ehren des diesjährigen Preisträgers Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Haber wurde als Thema des 13. Rintelner Symposiums das Fachgebiet Wolfgang Habers gewählt: Landschaftsökologie und Naturschutz.  Prof. Ulrich Walz – Professor für Landschaftsökologie und Geographische Informationssysteme und ehemals selbst Doktorand von Wolfgang Haber – war als Referent zum Symposium eingeladen worden.

In seinem Vortrag „Struktur der Landnutzung und deren Bedeutung für Natur- und Umweltschutz“ ging Prof. Walz auf das „Konzept der differenzierten Landnutzung“ und dessen aktuelle Bedeutung ein. Dieses wurde vor 50 Jahren von Wolfgang Haber selbst entwickelt und floss teilweise auch in die Gesetzgebung in Deutschland mit ein.

Die Vielfalt in die Landschaft zurückbringen

Mitte des 20. Jahrhunderts begannen die Mechanisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft. Durch die neuen Landwirtschaftsmaschinen war es möglich, viel größere Flächen mit weniger Personen zu bewirtschaften. Dies hatte jedoch auch zur Folge, dass sich unsere Landschaften fundamental veränderten. Durch die Flurbereinigung verwandelten sich die bunten kleinstrukturierten Landschaften weiter zu immer homogeneren Landschaften mit großen Ackerschlägen. Mancherorts sogar zu regelrechten „Agrarwüsten“. Diese „Homogenisierung der Landschaft“ ist jedoch nicht ohne Folgen, sondern einer der größten Treiber für den fortschreitenden Verlust der Artenvielfalt in Deutschland.

Das Konzept der differenzierten Landnutzung bietet hierfür einen Lösungsansatz. Unabhängig vom Landschaftstyp – also zum Beispiel in der Agrarlandschaft oder in Städten – sollten mindestens 10 % naturnahe Flächen erhalten bleiben oder geschaffen werden, um die biologische Vielfalt zu erhalten.

 

Eine Grafik, die eine schematische Landschaft zeigt. Daneben die Legende.
Das Konzept der differenzierten Landnutzung © Walz & Witschas 2021, nach Haber 1989

Zum einen sollte es größere Flächen geben, wie z. B. Naturschutzgebiete, die größere Refugien für Arten bilden. Zum anderen sollten diese naturnahen Flächen sich netzartig durch die Landschaft ziehen, um Lebensräume miteinander zu vernetzen. Dieser „Biotopverbund“ soll den genetischen Austausch zwischen den Populationen verschiedener Arten gewährleisten.

Aber auch große Ackerflächen können „differenziert“ werden, indem man einen großen Ackerschlag mit vielen verschiedenen Kulturen und nicht nur mit einer einzigen bestellt. Auch diese vergleichsweise einfache Maßnahme hat, wie zahlreiche Studien belegen, bereits eine positive Wirkung auf die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft.

Die Bundesrepublik Deutschland ist vergleichsweise dicht besiedelt. Dies zieht automatisch einen hohen Flächennutzungsdruck nach sich. Um den Nutzungsdruck zu vermindern, sollten Landschaften multifunktional gestaltet werden.

Ein bekanntes Beispiel, bei dem dieser Gedanke sehr gut umgesetzt wird, sind Agroforstsysteme. Bei diesen verbindet man die ackerbauliche Nutzung z. B. mit der Produktion von Brennholz. Bei richtiger Anlage dieser Systeme können tolle Synergien entstehen. Zum Beispiel kann durch die reihenförmige Anlage der Bäume die Windgeschwindigkeit deutlich reduziert und dadurch die Winderosion der fruchtbaren Ackerkrume verhindert werden. Dieses Konzept der multifunktionalen Landschaften lässt sich gut mit dem Konzept der differenzierten Landschaften verknüpfen.

Das Konzept der differenzierten Landnutzung von Wolfgang Haber ist durch das steigende Bewusstsein der Politik und Gesellschaft auch nach 50 Jahren immer noch oder wieder sehr aktuell.

 

Mehr interessante Informationen finden Sie in der folgenden Veröffentlichung:
Walz, U.; Jaeger, J. A. G. & Haber, W. (2022): Argumente und Möglichkeiten für eine Quantifizierung und ein Monitoring der differenzierten Landnutzung. – Raumforschung und Raumordnung, 80 (5): 505-521.

veröffentlicht am 28.04.2024, von Nico Beier

Zeitraum

27.04.2024–28.04.2024

Ort


Rinteln an der Weser

Veröffentlichungsdatum

28.04.2024

Kontakt

Prof. Dr. Ulrich Walz

Teilvorhaben-Beteiligter

Tel.: +49 351 462 3015

Schlagwörter

Tagung, Vortrag

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