Ökologische Gewässerentwicklung

Uferbereiche spielen eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung eines sehr guten ökologischen Zustandes des Wasserkörpers von Oberflächengewässern, entsprechend den Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL). Die vielseitigen Funktionen und Anforderungen von Gewässern stehen besonders im urbanen Raum im Konflikt zum hohen Nutzungsdruck und der geringen Flächenverfügbarkeit. Die nutzungsorientierte Anpassung von Gewässern führt zu hydromorphologischen Veränderungen, die sich auf die dynamischen Prozesse der komplexen Systeme auswirken. Mit einer an der HTWD entwickelten Methode zum Monitoring von Mikroplastik, schwimmenden Vegetationsbeständen aus nachhaltigen Modulen und der ökobilanziellen Bewertung der dafür eingesetzten Materialien adressiert das Projektteam drei aktuelle Aspekte der ökologischen Gewässerentwicklung.

Schwimmende Inseln in der Anwuchsphase/Bepflanzte Rechtecke, die auf Wasser treiben

Schwimmende Vegetationsbestände

Schwimmende Vegetationsbestände sind naturnahe Habitatstrukturen, die zur Verbesserung des ökologischen Zustands von Gewässern beitragen können. Durch ihre schwimmende Eigenschaft reagieren sie flexibel auf Wasserstandsschwankungen, ohne dass ihre Funktionen – wie es bei land- oder gewässergrundgebundenen Strukturen der Fall ist – beeinträchtigt werden. Die gezielte Material- und Vegetationsauswahl schafft einen naturnahen Lebensraum für aquatische Lebensgemeinschaften und kann als schwimmendes Trittstein-Element zur ökologischen Durchgängigkeit beitragen.

Die im Wasser schwebenden Wurzeln der Pflanzen bieten eine große Aufwuchsfläche für mikrobiellen Bewuchs, wodurch diese Systeme auch zur Wasserreinigung genutzt werden können. Insbesondere in stark veränderten Gewässern stellen sie ein wichtiges Element der ökologischen Gewässerentwicklung dar. Der angewandte ingenieurbiologische Entwicklungsansatz orientiert sich an natürlichen schwimmenden Vegetationsgesellschaften und soll eine nachhaltige sowie umweltverträgliche Alternative zu den marktüblichen Systemen mit dauerhaften synthetischen Auftriebskörpern bieten.

Zwei Hände halten Plastikabfall.

Mikroplastikanalyse

Bereits seit Jahrzehnten steigt die globale jährliche Kunststoffproduktion kontinuierlich an, weshalb auch der Eintrag von Plastikprodukten in die Umwelt stetig zunimmt. Die Stabilität und Langlebigkeit vieler Polymere, welche im Zusammenspiel mit den geringen Produktionskosten zum großen weltweiten Erfolg von Kunststoffen geführt hat, wird damit wieder zum Problem, da Makro- als auch Mikroplastik kaum bzw. nur über sehr lange Zeiträume abbaut und somit lange in der Umwelt verbleibt.

Mithilfe eines an der HTWD patentierten Verfahrens kann der Verbleib mikropartikulärer Rückstände kunststoffhaltiger Materialien im Wasser als auch im Gewässersediment untersucht und je nach Polymerart separiert und quantifiziert werden. Die elektrostatische Separation in Kopplung mit der Dynamischen Differenzkalorimetrie wurde in Forschungsprojekten für die Anwendung optimiert und an Labor- und Umweltproben getestet. Das Verfahren wurde 2019 mit dem sächsischen Umweltpreis ausgezeichnet.

Eine verlassene Industrieanlage aus der Vogelperspektive

Ökobilanzierung

Mithilfe der Ökobilanzierung (engl. Life Cycle Assessment, kurz LCA) werden die potenziellen Umweltaspekte und -Einflüsse (z.B. Nutzung von Ressourcen und die Folgen ihrer Freisetzung für die Umwelt) des gesamten Lebenszyklus eines Produkts bewertet, von der Rohstoffgewinnung, über Produktion und Nutzung, bis hin zu Recycling oder Entsorgung. Dabei werden alle nötigen Material- und Energieströme mit einbezogen, um diejenigen Prozesse zu identifizieren die den größten Anteil zum ökologischen Fußabdruck des Produkts beitragen, damit anschließend nachhaltigere Alternativen gefunden werden können.

Zum einen kann die Ökobilanzierung von Produkten indirekt zur ökologischen Gewässerentwicklung beitragen, indem industrielle Prozesse nachhaltiger gestaltet werden und somit weniger persistente (beispielsweise Kunststoffe) oder umwelttoxische Substanzen in Oberflächengewässer eingetragen werden. Zum anderen gibt es auch einen direkten Beitrag, indem möglichst nachhaltige Materialien zur Verwendung ufergebundener oder schwimmender Gewässerentwicklungsmethoden (beispielsweise schwimmende Vegetationsbestände) zum Einsatz kommen

Multidisziplinäre Zusammenarbeit

Zur praxisnahen Anpassung der schwimmenden Vegetationsstrukturen an die jeweiligen Umwelt- bzw. Standort-Anforderungen sowie zur Implementierung neuer Standards im Mikroplastik-Monitoring sollen Forschende, Studierende als auch Akteure aus Industrie und Behörden zusammengebracht werden, um anwendungsorientierte Lösungen für Problemstellungen aus Gewässerentwicklung, Landschaftsbau und Materialentwicklung zu finden. Unter der Einbindung von Kontakten aus Forschung, Lehre und Industrie soll dabei eine Demonstrationsanlage weiter aufgebaut werden, welche sowohl eine marktfähige Lösung zur Gewässerentwicklung als auch Gegenstand anwendungsorientierter Lehre, Weiterbildung und Forschung in umweltrelevanten Bereichen bildet.

Gleichzeitig soll auf verschiedene multimediale Kommunikationswege zurückgegriffen werden, um die Öffentlichkeit bzw. gesellschaftliche Akteure in den Prozess zu integrieren. Aufgrund der thematischen Nähe ist dabei eine Zusammenarbeit mit den Projektpartnern aus Saxony⁵ vom Biozentra – Transferzentrum für Biodiversität Sachsen geplant, welche sich insbesondere auf die gemeinsame Ausrichtung von Konferenzen, Tagungen zum Networking sowie zum Wissensaustausch fokussiert.

Es sollen neue Kooperationspartner gefunden und die Zusammenarbeit mit den bestehenden aus den Bereichen Gewässer- und Materialentwicklung bzw. Gewässerbau vertieft und gestärkt werden. Das Bundesland Sachsen bietet dafür eine gute Ausgangsposition, da aufgrund von Erfahrungen im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe, von Altlasten und bestehenden Halden der Bedarf und die Infrastruktur an Firmen, die in diesem Bereich operieren, gegeben ist.

Zusätzlich sollen die gewonnenen Erkenntnisse in die Lehre implementiert werden, um ein Bewusstsein für die Herausforderungen des Klimawandels einhergehend mit drastischen Veränderungen urbaner und naturnaher Ökosysteme zu schaffen. Fächerübergreifend sollen Studierende aus ingenieur- und gartenbaulichen Studiengängen motiviert werden, ihre Fähigkeiten und Wissen in anwendungsorientierten Themen einzubringen.

Kontakt

Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden

Prof. Dr. Henning Günther

Teilprojektleiter

Tel.: +49 351 462 3624

Porträtfoto Kathrin Harre

Prof. Dr. Kathrin Harre

Teilprojektleiterin

Tel.: +49 351 462 3250

Lars Baldauf in einem weißen T-Shirt vor weißem Hintergrund.

Lars Baldauf, M. Sc.

Projektmitarbeiter

Tel.: +49 351 462 3061

Dr. Richard Zeumer

Projektmitarbeiter

Tel.: +49 351 462 2027

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