Vom kreisenden Rotorblatt zur schwimmenden Plattform

Was tun mit ausgedienten RotorblĂ€ttern? Nachhaltige Methoden zur Wiederverwendung von Verbundwerkstoffen aus der Windkraft- und Luftfahrtindustrie entwickeln 20 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft im europĂ€ischen Forschungsprojekt âEuReCompâ. Ziel ist die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft, die Abfall reduziert und hochwertige, recycelte Produkte hervorbringt.
Die Energiewende hat die Windkraftindustrie in den letzten Jahrzehnten erheblich vorangetrieben. Dabei kommen vor allem RotorblÀtter aus Glasfasern und duroplastischen Verbundwerkstoffen zum Einsatz, deren Lebensdauer auf 20 bis 25 Jahre beschrÀnkt ist. Angesichts der enormen Mengen an Rotoren, die bald ausgedient haben, stellt sich die dringende Frage nach Wiederverwendungsmöglichkeiten. Hier setzt das Forschungsprojekt EuReComp an, das sich der Entwicklung innovativer Lösungen zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft widmet. Das Forschungsprojekt wird seit 2022 vier Jahre lang mit insgesamt 8,9 Millionen Euro von der EuropÀischen Union gefördert.
Aus alt mach neu â aber hochwertig
Das Hauptziel des europĂ€ischen Forschungskonsortiums ist die RĂŒckgewinnung und Wiederverwendung von Materialien aus der Windkraft- und Luftfahrtindustrie. Mit durchdachten Kreislaufwirtschaft-Konzepten wollen sie die Abfallmenge reduzieren und gleichzeitig den Einsatz von Ressourcen, Emissionen sowie den Energieverbrauch minimieren.
In Europa werden derzeit etwa 60 Prozent der AbfĂ€lle aus faserverstĂ€rkten Verbundwerkstoffen deponiert, was erhebliche ökologische und gesellschaftliche Probleme verursacht. Die EU plant, diese Deponierungsrate auf 10 Prozent zu reduzieren und stattdessen die Recyclingquote zu erhöhen. EuReComp unterstĂŒtzt dieses Ziel durch die Entwicklung fortschrittlicher Technologien und End-of-Life-Optionen, die das Recycling von Kohlenstofffasern und anderen Verbundwerkstoffen fördern.

âFĂŒr das Gelingen der Energiewende, eine COâ-freie Wirtschaft und KlimaneutralitĂ€t braucht es eine Kreislaufwirtschaft, in der Ressourceneinsatz, Abfallproduktion, Emissionen und Energieverbrauch bestmöglich verringert sowie Material- und EnergiekreislĂ€ufe geschlossen werdenâ
- Projektleiter Robert Böhm, Professor fĂŒr Leichtbau mit Verbundwerkstoffen an der HTWK Leipzig und Projektmitarbeiter beim Saxonyâ”-Anwendungsbereich "Nachhaltiges Bauen".
Recycling-Methoden
Aktuelle Recyclingmethoden wie die thermo-chemische Pyrolyse, bei der Plastik in Ăl verwandelt wird, sind sehr energieaufwĂ€ndig und oft umweltschĂ€dlich. AuĂerdem kommt sie nicht fĂŒr jeden Werkstoff infrage. Eine Herausforderung beim Recycling von Verbundwerkstoffen ist, dass verschiedenste Materialien vereint sind. Diese zu trennen, ist meist nicht möglich oder zu aufwĂ€ndig.
Das Forschungskonsortium muss also neue, umweltfreundlichere Verfahren entwickeln. Ziel ist es, aus alten Bauteilen aus Flugzeugen und Windkraftanlagen neue, hochwertige Produkte unter anderem fĂŒr die Automobil- oder Schiffbauindustrie zu fertigen. Die Forschenden erproben und validieren dafĂŒr drei spezifische Verfahren.
Schwimmkörper und FĂŒllmaterial
Das HTWK-Forscherteam testet zum einen den Bau von Schwimmkörpern fĂŒr Photovoltaikanlagen. Da RotorblĂ€tter leicht und stabil sind, können Teile daraus als schwimmende Basis fĂŒr Photovoltaikanlagen auf Seen dienen. Erste Demonstratoren dafĂŒr entstanden am Forschungscampus Eilenburger StraĂe:
Hier lagern ausgediente RotorblÀtter, die Böhm und seine Mitarbeiter Philipp Johst und Dimitrij Seibert zuschnitten und gemeinsam mit einem portugiesischen Partner im Projektkonsortium einen ersten Demonstrator bereits in einem Leipziger See erfolgreich testeten.
Ein weiterer Ansatz fĂŒr eine Wiederverwendung ist das mechanische Recycling von RotorblĂ€ttern fĂŒr eine Nutzung von geschreddertem Mahlgut als FĂŒllstoff in der Bauindustrie. Auch dazu fĂŒhrten die HTWK-Forscher bereits erste Versuche durch.
Parallel dazu entwickeln die Partner im Forschungskonsortium neue Bauteile aus carbonhaltigen Materialien und setzen diese in fĂŒnf Demonstratoren ein, beispielsweise in einem Lenkrad aus dem 3D-Drucker. So wollen sie die PraktikabilitĂ€t und Effizienz der neuen Recyclingverfahren zeigen.
WeiterfĂŒhrende Links zum Projekt
veröffentlicht am 26.06.2024, von Katrin Haase
Teilprojekte
Ort
Hochschule fĂŒr Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig
Karl-Liebknecht-StraĂe 132
04277 Leipzig
Veröffentlichungsdatum
26.06.2024
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