Nachlese: Matchmaking Bioökonomie

Am 1.11. fand das 9. Matchmaking von HTW Dresden, IHK Dresden und Saxony5 online mit 25 Teilnehmenden statt. Es stand unter dem Thema „Bioökonomie – Zukunft oder Alltag?“.

Das Matchmaking zielt darauf ab Menschen miteinander zu vernetzten, die für die gleiche Sache brennen: Innovationen. Ob junges Start-Up, Hidden Champion, KMU, Menschen, die in sinnvolle Projekte investieren wollen oder Forschende, die den Austausch suchen – wenn das Thema passt, finden sich garantiert interessante Gesprächs- und Kooperationspartner*innen.

Nach einem Grußwort durch den Transferbeauftragten der HTW Dresden Matthias Bauch gab der Referent für Technologie und Innovation der IHK Dresden Alexander Reichel eine Einführung in das Thema der Bioökonomie und die IHK Innovationsberatung.

Biokompatible Materialien aus Kollagen

Den ersten Pitch hielt Daniel Firzlaff von der AG Technische Polymerwerkstoffe an der HTW Dresden. Er vertrat Frau Prof. Dr. Harre und sprach über biokompatible Materialien aus Kollagen. Gerade im Bereich der Biopolymeren gibt es große Unterschiede in den Quellen und Qualitätsprofilen, so kann ein biobasierter PE zwar aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, ist aber im Nachhinein nicht biologisch abbaubar, worin er seinem petrochemischen Bruder gleicht. Kollagen hingegen kann zu den nachwachsenden Rohstoffen gezählt werden ist aber zudem auch biologisch abbaubar. Gleichzeitig ist die Gewinnung von Biomaterial in ihrem Aufwand geringer als die von Kunstoffen, da bei ersterem die Syntheseleistung der Natur miteinbezogen werden kann.

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Die Forschung von Prof. Dr. Harre und ihrem Team bezieht sich vor allem auf Biopolymere aus Kollagen, die mit gezielter Additivierung für Schichtmaterialien und Schäume verwendet werden können. Momentan befinden sich mehrere Projekte mit Startups und Maschinenbauern in der Anschubphase.

Seide aus Sachsen

Es folgte der Pitch von Dr. Udo Krause, Geschäftsführer der Seidenkokon/Native Silk GmbH aus Nebelschütz. Das Unternehmen hat den Seidenbau nicht nur zurück nach Deutschland, sondern nach Sachsen gebracht und arbeitet nach dem Prinzip der Circular Economy. Das bedeutet, dass der komplette Produktionskreislauf nachhaltig gestaltet ist. Die Maulbeerbäume werden selbst angebaut und dienen als Nahrung und Lebensraum, der Kot der Raupen als Dünger für die Bäume. Selbst die Fasern in der Rinde des Baumes können weiterverwendet werden.

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Der Fokus bei Seidenkokon liegt zum einen auf der textilen Anwendung, gerade für antiallergene Bettwäsche aus Rohseide. Das zweite große Feld ist die medizinische Nutzung des Naturproduktes. Hier sind Wundauflagen aus Seide aber auch Fäden für die Neurochirurgie im Gespräch, da sich Seidenfäden im Körper besser auflösen und zu weniger Abwehrreaktionen führen. Gerade weil die Seide von Seidenkokon chemikalienfrei gewonnen wird und die Einzelfäden sterilisiert werden.

Momentan werden 100 kg Seide im Jahr gewonnen. Das ist nur eine geringe Menge – zum Vergleich: Ein Kokon besteht aus 1 km Faden, für einen 60 cm Faden für die Neurochirurgie benötigt man 3 Kokons – die den Bedarf nicht abdeckt. Deshalb soll zukünftig in Erzeugergemeinschaften produziert werden.

Lausitzer Naturfasern

Dr. Matthias Kinne von der Fakultät Natur- und Umweltwissenschaften der HSZG vertrat Prof. Dr. Weber bei der Vorstellung des Naturfaserzentrums LaNDER3. Hier wird unter anderem mit einer interdisziplinären Laborhalle die Innovationskraft in der Lausitz gestärkt. Zugleich wird an Naturfaser in Verbundwerkstoffen geforscht.

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Im Vordergrund steht dabei die Forschung an naturfaserbasierten Roh- und Reststoffen, die bei der Agrarwirtschaft abfallen und für die Herstellung von Verbraucherprodukten genutzt werden können. Wie zum Beispiel die Kooperation mit McDonalds und Melitta zur Entwicklung eines neuen Deckels für Kaffeebecher aus Naturfasern. Aber auch Pflanztöpfen, die einfach mit in die Erde eingebracht werden können und sich dort innerhalb von zwei bis drei Jahren zersetzen, sind in Arbeit.

Aquakultur in der Lausitz

Dr. Felix Krujatz stellte die Vorzüge der Lausitzer Region im Bereich der Aquakultur und die Aquatech Lausitz vor. Er betonte, dass gerade in der Lausitz die Kompetenz in der Aquakultur stark ausgeprägt ist. Allerdings betonte er auch, dass nur 13 % des deutschen Bedarfs an Produkten der Aquakultur durch eigene Produktion gedeckt wird.

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AquaTech Lausitz konzentriert sich vor allem auf nachhaltige Aquakultursysteme, die zur Produktion unterschiedlichster Produktgruppen eingesetzt werden können. So ist zum Beispiel Schilf eine mögliche Quelle neuer bioökonomischer Produkte. Aber auch an Tier- und Humanernährung aus Algen und Schwämmen wird geforscht. Dabei sollen nicht nur die Zwischen- und Endstoffe von Biomaterialien, sondern auch die Biomasse-Reststoffe verwendet werden, um wirklich nachhaltig zu arbeiten.

Katastrophenhilfe aus Pappe

Nachhaltige, humanitäre Hilfe ist die Leitidee des StartUps AidBoards um Dipl. Ing. Sven Grasselt-Gille. Angeschlossenen an den Lehrstuhl für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik der TU Dresden forschen Grasselt-Gille und sein Team an nachhaltigen Einweglösungen aus Schwerwellpappe für die humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz.

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Der Fokus von AidBoards liegt bisher auf Feldbetten. Ein Grund dafür ist, dass die bisherigen Lösungen meist günstige Produktionen aus schlechten Arbeitsbedingungen sind, die schnell kaputt gehen. Zudem sind sie, wenn sie aus unterschiedlichen Gründen entsorgt werden müssen, wie Cholera-Epidemien nach Erdbeben, nicht recyclebar und können nur schlecht angemessen entsorgt werden. Die Feldbetten aus Schwerwellpappe hingegen sind sowohl recyclebar, können aber wenn nötig schadstoffarm verbrannt werden. Zudem lassen sie sich sehr flach auf Paletten stapeln, was den Transport vereinfacht.

Zu den Feldbetten sollen sich jetzt auch Feldtische und -hocker sowie Operationsfeldtische gesellen. Um die Produktpalette auszubauen und zu optimieren, sucht AidBoards nach Industriepartnern für die Verarbeitung und Bedruckung von Schwerwellpappe, die Logistik und für die Forschung an Matratzen aus Naturfasern.

Schaumstoff aus Lederresten

Der Erfinder und Gründer von eco-softfibre Bernd Wacker schloss die Pitchs ab. Er lenkte den Blick zunächst auf den seit über 70 Jahren verwendeten Schaumstoff aus Polyurethan (PU/PUR), der aus dem fossilen Rohstoff Erdöl besteht und zusätzlich auch noch gesondert entsorgt werden muss. Da PUR uns fast überall umgibt, zum Beispiel als Polsterung des Bürostuhls, im Auto und sogar in unseren Schuhen, sollte die Nutzung dieses petrochemischen Materials verringert werden. Wacker und sein Geschäftspartner Coutandin haben mit ihrem Unternehmen eco-softfibre, das auf dem Lausitzer Innovationscampus situiert ist, genau diese Reduktion im Fokus.

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Wacker hat einen nachhaltigen Ersatz für PUR-Schaum entwickelt. Dieser ist zum einen bio-basiert, da er aus Lederresten, die beim Hobeln in Gerbereien anfallen, gewonnen wird. Zum anderen kann er sowohl recycelt, als auch dem Kompost beigemischt werden. Eingesetzt werden kann der ökologische Weichschaum zum Beispiel im Interieur oder der Autoindustrie. Er eignet sich zu Schalldämmung genauso aber auch zur Polsterung von Büromöbeln, Autositzen und ähnlichem. Da es nicht so viele Gerbereien in Deutschland gibt, fällt die Produktion momentan noch geringer aus, aber ein Anstieg ist geplant. Maßgefertigte Stellwände und Schalldämmelemente gehören zum Tagesgeschäft des Unternehmens.

Virtuelles Netzwerken

Im Anschluss an die kurzweiligen und interessanten Beiträge hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, die Plattform zu wechseln und sich zu den vorgestellten Unternehmungen auszutauschen. Manche der Teilnehmenden nutzte diese Gelegenheit für angeregte Diskussionen und die Anbahnung neuer Netzwerke.

veröffentlicht am 08.11.2021,

Veröffentlichungsdatum

08.11.2021

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